Kasbek: Unterwegs im ewigen Eis des Kaukasus (Bergsteigen, Reisebericht)
Du jonglierst mit dem Gedanken, solo den Kasbek (5.047m) im Kaukasus zu besteigen? Dann zieh dir den Schlüpfer hoch, putz die Nase und lies ganz genau, was ich zu berichten habe.
Die unendliche Suche in Stepantsminda (Kazbegi)
Im Sekundentakt donnerten die schweren LKW und heillos überladenen PKW durch Stepantsminda, einem kleinen Grenzdorf an der alten Heerstraße zu Russland. Die einzige Verbindung und seit Jahrtausenden ein Nadelöhr durch die schroffen Berge des Kaukasus.
Kühle, feuchte Luft, die der Wind vom Gergeti-Gletscher ins Tal blies, vermischte sich mit dem beißenden Smog der schwarz-rußenden Auspuffrohre. Die umliegenden Berge versteckten sich unter einer Wolken-Nebel-Schicht. Es trippelte.
Bis hier her zu gelangen, war kein Akt. Mit dem Billigflieger von Berlin nach Kutaisi, ab in den großen Reisebus nach Tbilisi und von dort mit einem vollgestopften Minibus (Marshrutka) in den Ostkaukasus, nach eben diesen Dörfchen Stepantsminda (1.740m).
Eigentlich war es die Neugierde, die mich zu dem Gästehaus mit dem Namen „Nazi’s Place“ trotten ließ. Ein abgelebter Flachbau von dessen kleiner Terrasse Wandersocken und bunte Bettwäsche flatterte. Einige alte Männer, Georgier mit Bierbauch, tranken Tee, unterhielten sich lautstark, fingen plötzlich an zu schreien. Ohne es zu wollen, stand ich im frischen Beton vor dem Treppenaufgang. Mein Wanderschuh Größe 47 hinterließ einen bleibenden Eindruck, wie auch ich.
So macht man sich Freunde. Am Liebsten wäre ich sofort umgedreht, doch der großmütterliche Obernazi „Nazi“, ausgesprochen „Nasii“, beruhigte die wutentbrannte Männerriege, bat mich hinein und zeigte mir das Gemeinschaftszimmer.
Ein Sammelsurium aus alten Betten und Sofas, hineingestopft in das ehemalige Wohnzimmer der Familie. Sebst das Porzellan stand hoch im Schrank, Bilder der Familie hingen an den Wänden. Ein altes Klavier runde das Ensemble ab.
Für 20 Lari (7-8€) pro Nacht teilte ich mir den Raum mit 15 anderen Russen, Japanern und Franzosen. Das war mein Headquarter. Der Ort, von dem aus ich meine Besteigung des Kasbek organisieren wollte.
Allein auf den Kasbek, geht das?
Ich bin der klassische „Try and Error“-Typ. Ich las im Internet in Deutschland, der Kasbek könne nur in einer Gruppe und mit Seilschaft bestiegen werden. Das lies mich kalt, war ich doch schon solo im Himalaya unterwegs und in anderen Gebirgen, wo übervorsichtige Bergsteiger genau das selbe behauptet hatten.
Doch je öfter ich in Stephansminda mit erfahrenden Bergsteigern sprach, die gerade vom Berg kamen, desto größer wurden meine Bedenken. Eisschrauben, Eisaxt, große Gletscherspalten, Blankeis und, und, und… Die letzte Etappe hatte es anscheinend in sich.
Mein Vorhaben wackelte und ich entschloss mich im Ort bzw. in meinem Gästehaus nach einem Kletterpartner oder einer Gruppe umzuschauen, der ich mich anschließen konnte.
Nach zwei Tagen hatte ich immer noch niemanden gefunden. Ein Bergführer (Guide) für mich allein, schloss ich aus. Das kratzte an meiner Philosophie vom Individualreisen und meinem Portemonnaie (~400 Dollar).
Mein Plan stand fest. Statt fett vom guten Essen der Georgier zu werden, wollte ich allein bis zum letzten, schneefreiem Lager aufsteigen und dort nach einer Seilschaft suchen.
Bei einem der drei Shops im Dorf, die Ausrüstung verleihen, besorgte ich mir mein fehlendes Equipment:
- Zelt, Eisaxt, Steigeisen, Kletterhelm, wasserdichte Handschuh
- Dazu noch die Ausrüstung, die man braucht um sich einer Seilschaft anzuschließen: Klettergurt, Karabiner, 10m Seil.
- Tipp: lies auch meine Packliste Mount Kazbek
Wer nicht will, der hat schon: Solo auf den Kasbek
17. August 2017. Ein klarer Morgen. Erstmalig konnte ich den Kasbek sehen. Er präsentierte sich mit einer weißen Haube aus Eis und Schnee, mächtig und allüberragend. Um seinen Gipfel zogen Wolken.
Laut Wettervorhersage sollte die dichte Wolkendecke für die nächsten 3 Tagen aufreißen. Ein Zeitfenster am launischen Kasbek, das ich nutzen wollte.
Den Berg im Blick, holperte der alte Allrad-Minibus vom Gästehaus, kurz vor halb neun, über den ausgefahrenen Serpentinenweg von Stepantsminda zur berühmten Gergeti Trinity Church (2.170m). 50 Lari (18€) kostet der Spaß, den ich mir mit einem belgischen Pärchen teilte.
Vom Plateau der Kirche, ging es zu Fuß weiter. Sattes, grünes Grass. Zu meiner Rechten lag ein tiefes, steil abfallendes Tal, das der Gletscherfluss in die Landschaft geschnitten hatte. Auf seinen hügeligen Schultern schlängelte sich der Pony Trail. Dort war das Gras tief ausgetreten, staubig und steinig. Diesen Weg kannst du nicht verfehlen. Hunderte, Tausende Hufe und Wanderstiefel trampeln jährlich Richtung Kasbek, dem Berg der Griechen, an den Prometheus gekettet wurde.
Nach ca. 2 Stunden bergauf erreichte ich den ersten Pass. Erstmalig kamen mir Bergsteiger mit leichten Gepäck entgegen. Sie hatten im 1. Camp (Green Field, ~2.800m) übernachtet und trotteten zusammen mit einem Esel, der ihr Gepäck schleppte, gen Stepantsminda.
Meinen Rucksack schleppte ich allein. Über 25 Kilo Ausrüstung, die freudestrahlend an meinen Schultern hingen und mit denen ich Schritt für Schritt vom Pass Richtung Camp 1 abstieg. Der Gletscherwind pfiff mir um die Ohren, kroch in meinen Nacken und trieb das Blut in meine Hände. Ich war zurück in den Bergen. Ein tolles Gefühl.
Mein Tagesziel lag aber deutlich höher, als das Green Field Camp. Ich wollte die Gletscherzunge überqueren und mein Zelt mindestens auf Höhe der alten, im Jahre 1936 erbauten, meteorologische Station, auf 3.680 Metern aufschlagen.
Eine brauchbare Karte oder ein GPS-Gerät, hatte ich nicht, geschweige denn Ortskenntnis. So musste ich mich auf mein Gespür verlassen und auf die wenigen Bergsteiger, die mir entgegen kamen. Problematisch wurde es hinter besagtem Camp 1. Anscheinend gab es zwei Routen, eine links durch die mächtige Moränenlandschaft und einen Weg rechts, entlang des großen Wasserfalls.
Ich ging links, folgte dem schmalen Pfad im Schotter und den 2-3 Bergsteigern, die sich mir wankend und deutlich erschöpft nährten.
Regen. Erst nur leichtes Nieseln, dann prasselnder Schauer, der mich in meine wasserdichte Regenkleidung und meinen Rucksack unter die Regenhülle zwang.
Ich ging weiter. Deutete die Spuren im Boden. Arbeitete mich immer weiter linkerhand die Gletscherzunge hinauf. Schlamm bildete sich. Die Fußabdrücke wurden immer unkenntlicher. Nebel zog auf.
Ohne es zu wollen, war ich plötzlich allein. Blankes Eis kam unter der Matschpampe zum Vorschein. Ich rutschte über die steilen Hänge, suchte nach Orientierungspunkten. Nichts, nur ein verlassenes Steinmännchen, das ins Leere führte.
Hier sollte ich nicht sein. Das Gletschereis krachte, Steine kamen von oben angeflogen und verschwanden in irgend einer schwarzen Eisspalte. Es war Zeit dort abzuhauen.
Nachdem ich mich über eine Wand aus Geröll, Felsbrocken und Eis gearbeitet hatte, lag vor mir die Gletscherzunge. Wenn der Nebel aufriss, sah ich in der Ferne, auf der anderen Seite und auf einem Plateau, die Meteorologische Station. Ich war zu weit nördlich und musste irgendwie diese riesige Eisfläche überqueren.
Mir war mulmig. Ich wanderte über einen Gletscher, der unter meinen Füßen mit einer gelblichen Schneedecke überzogen war. Überall rann Wasser. Ich konnte es hören, wie es sturzbachähnlich unter mir gen Tal schoss.
Wo Wasser ist, sind auch Spalten. Ich hatte keinen Bock, dass sich unter mir eine riesige Spalte befindet, die nur darauf wartet, dass ein vollbepackter Deutscher darüber flaniert.
Vorsichtig, Schritt für Schritt, lief ich weiter. Die Trekkingstöcke schlug ich vor mir zum Abtasten in den Boden. Nichts passierte. Plötzlich breitete sich ein Feld aus Gletscherspalten vor mir aus. Ohne Sicherung überquerte ich einige von ihnen, bis sie einfach zu breit und tief waren. Niemand würde mich hier vermissen, erst gar nicht suchen.
Wenn man den Weg verliert, dann muss man zurück zum letzten sicheren Orientierungspunkt! Ich kehrte um, achtete penibel genau darauf in meine Fußspuren zu steigen und war 15 Minuten später zurück am Gletscherrand. Trotzdem war ich noch keinen Meter weiter. Das Eisfeld lag vor mir und durch den Regen rutschte immer mehr Geröll an den vereisten Hängen hinab.
Es half nichts. Ich musste weiter am Rand der Gletscherzunge absteigen, bis ich eine Stelle ohne Gletscherspalten finden würde. Ich stürzte, rutschte seitlich am Hang hinab, verbog einen meiner Trekkingstöcker und verrenkte mir leicht die Schulter.
Letztendlich drückte der Wind die weiße Wolkensuppe auseinander und ich querte das Eisfeld, bis ich Pferdeäpfel entdeckte. Du liest richtig, Pferdeäpfel. Wie bei Hensel und Gretel, folgte ich diesen Brotkrumen auf blankem Eis, immer längs der Gletscherspalten. Glück gehabt.
Ein Wiedersehen im ewigen Eis des Kaukasus
Eine Stunde später war ich an der alten Wetterstation, die Stalin einst hier bauen ließ. Es roch bestialisch nach Scheiße. Regen stellte sich wieder ein und eine unsympathische Atmosphäre lag über dem Zeltcamp, das sich bunt auf grau aus den steinigen Plateau erhob. Hier wollte ich nicht bleiben.
Eine bullige Wärme herrschte im Inneren der alten Station. 70 Schlafplätze gibt’s dort (35 Lari pro Nacht).
Nachdem ich mich hier mit meinem Pass registriert hatte, entlockte ich dem Hüttenbetreiber zähneknirschend den Standdort des nächsten, „inoffiziellen“ Camps. Ukrainische Freunde hatten mir davon berichtet. Sie waren zwei Tage vor mir in Stepantsminda aufgebrochen und ich hoffte sie dort, auf ihrem Rückweg vom Gipfel, abfangen zu können.
Für weitere 45 Minuten folgte ich dem Pfad, der Richtung Gipfel führt, dann erreichte ich ein weiteres Plateau mit Eisenkreuz (~3.900m). Drei Zelte flatterten im Wind. Ich legte meinen Rucksack ab, trat an eines der Zelte und brüllte in meinem Schulrussisch: „Podrugi, kak dela?“. Und tatsächlich, die Gruppe Ukrainer hatte sich in den Zelten verschanzt und war sichtlich überrascht mich hier zu sehen. Es hatte sie 3 Tage gekostet, um auf dieses Plateau zu steigen. Eine Strecke, die ich an einem Tag zurücklegte.
Sie beratschlagten sich kurz, dann war ich ein Teil ihrer Seilschaft. Mein Problem war gelöst.
Bis das das Material uns scheidet: Eine schwere Entscheidung für die Gesundheit
Ich schlug mein Zelt hinter einer Steinmauer auf. Die Nacht war bitterkalt und ich fror mir den Arsch ab. Dummerweise hatte ich auf die Tante aus dem Equipment Rental Shop im Dorf gehört und keine Isomatte ausgeliehen. Ihre Worte sollten noch für die nächsten drei Tage in meinen Ohren klingeln. „Wenn du einen guten Schlafsack hast, brauchst du keine Isomatte.“, hatte sie gesagt und lag damit voll daneben.
Mein Zelt stand auf einem Gletscher (Eis und Geröll), zusätzlich in exponierter Lage. Gleich in der ersten Nacht gab es Unwetter. Der Wind drückte mein Zelt bis auf die Hälfte zusammen und ich kauerte in der Mitte, immer mit dem mulmigen Gefühl, es könnte mich samt Zelt über den Hang fegen. Einige Hundert Meter freier Fall.
Dazu kam Regen und Eisschnee, dem das HighPeak Nevada 3, nach vielen Monaten im Kaukasus, nicht mehr gewachsen war. Ich zitterte jämmerlich in meinem Schlafsack und musste mich sogar in die Rettungsdecke (Silberseite zum Körper) einwickeln.
Akklimatisierungstag 1 am Kasbek: Höhenluft für den Gipfelerfolg
Am nächsten Tag regnete es unentwegt. Erst gegen späten Nachmittag hörte es auf. Zeit für eine Akklimatisierung-Tour (siehe auch Höhenkrankheit). Mit im Gepäck: Steigeisen, Eisaxt und natürlich Regenschutzkleidung.
Was für eine Landschaft, welch atemberaubende Szenerie. Eis und Geröll und inmitten dessen verläuft der Weg, den jeder Bergsteiger am Kasbek nehmen muss. Ein Pfad, nicht eindeutig und täglich neu zu suchen. Über Nacht brechen riesige Gletscherspalten auf, Felsen, groß wie PKW, könnten in jedem Moment von der steilen Flanke stürzen, oder unwiderruflich im Eis des Gletschers verschwinden.
Ein gefährliches Spiel mit der Natur.
Wir durchquerten das Eis- und Geröllfeld, anschließend blickten wir auf ein Eisfeld, das mit einer knöchelhohen Schneeschicht überzogen war. Erste Gletscherspalten tauchten auf, die wir nur mit Steigeisen durchqueren konnten. Mit der Eisaxt steckten wir den Weg vor uns ab. Angeseilt waren wir nicht.
Langsam zog vor uns eine weiße Wand auf. Nebel oder Wolken, wer weiß das schon so genau. Was wir aber wussten war, dass die Sicht immer schlechter wurde, teilweise schon unter 10 Metern lag.
Schnee setzte ein. Viel Schnee. Die Idee ein drittes Camp am Folgetag auf dem letzten Hochplateau (~4.500m) aufzuschlagen, hatte sich damit erledigt.
Wir warteten eine viertel Stunde, sondierten das Wetter und entschlossen, es ist zu gefährlich weiter aufzusteigen. Auf 4.300 Metern war Schluss.
Ich führte die Gruppe auf der Rücktour an. Wir kamen schnell voran. Vielleicht zu schnell. An einer Gletscherspalte im Geröllfeld, das vom Schnee und Regen aufgeweicht war, rutschte die versandete Flanke weg. Mit ihr ich, der beinahe in die Spalte abgetaucht wäre. Nur meine Eisaxt, die ich in den Boden hämmerte, rettete mich vorm Absturz. Das war knapp. Glaub mir, dabei setzt das Herz vor Schreck kurzzeitig einmal aus und dir wird wohlig warm, obwohl sich dein Gesicht ins Kreidebleiche verfärbt.
Akklimatisierungstag 2 am Kasbek: Aus der Traum!
Die zweite Nacht war nicht viel entspannter. Zumindest ist es nicht langweilig am Kasbek. Wenn es blitz und donnert, wenn Schnee- und Steinlawinen abgehen. Da verkriechst du dich in dein Zelt, hörst Musik, liest etwas, kurzum, schlägst die Zeit tot.
Irgendwann am späten Vormittag trippelte es nur noch, wir stopften unsere Ausrüstung in die Rucksäcke und stiegen über den gleichen Weg hinauf, den wir am Vortag bereits eingeschlagen hatten. Hätte ich es nicht besser gewusst, ich hätte gesagt, wir durchqueren ein komplett anderes Geröllfeld: Der Weg hatte sich gewandelt. Durch den Schnee, das massenhafte Regenwasser, hatten sich tiefe Spalten gebildet. Am auffälligsten war dies in dem Gebiet, das keine 12 Stunden zuvor unter einer Schneedecke lag. Wenn ich bedeckte, das wir dort noch ohne Sicherung unterwegs waren, wo jetzt unzählige 5 bis 10 Meter tiefe Gletscherspalten klafften, wir wären nicht so sorglos gewandert.
Hier brauchten wir mehr als nur Eisaxt und Steigeisen: Die Klettergurte und die Seile kamen zum Vorschein. In einer 2er und einer 5er Seilschaft stiegen wir weiter auf. Steine kamen im Minutentakt von der steilaufschießenden Bergflanke zu unserer Rechten angesegelt und zwangen uns einen weiten Zickzack-Kurs über die Mitte des Gletschers zu machen. Ich stülpte erstmalig meinen Kletterhelm auf. Unsichtbare Spalten und Löcher unter dem Schnee erschwerten das Vorankommen.
Ich genoss jeden Augenblick in der Seilschaft. Das Panorama war überwältigend: Eis, Schnee, schroffe Berge und der süße Beigeschmack von Gefahr. Gern wäre ich noch weiter aufgestiegen, doch die dünne Luft forderte ihren Tribut. Drei aus unserer Gruppe litten an Übelkeit und Kopfschmerz. Symptome der Höhenkrankheit, die uns kurz unterhalb des High Plateau (Camp 3) stoppen ließen. 4.430 Meter: Mir ging es körperlich gut. Ich war für meine Verhältnisse sehr gut akklimatisiert und wäre am Liebsten weiter bis zum Gipfel.
Dicke, dunkle Wolken zogen auf. Die Sicht verschlechterte sich und vernünftigerweise wollte keiner mit mir in einer 2er Seilschaft gen Gipfel steigen. Wir tranken warmen Tee und übten Sicherungstechniken (Schneeanker mit Eisaxt usw.), probierten unsere Eisschrauben aus.
Nach 30 Minuten kehrten wir um und wurden von einem heftigen Eisregen erwischt. Der Wind peitschte das Eiswasser in unsere Rücken und es sammelte sich im Nacken und auf den Rucksäcken bildete sich eine dicke Kruste.
Als wir im Lager ankamen, waren wir ziemlich durchnässt, selbst mit Regenschutzkleidung…
Schlimmer noch. Die Steigeisen hatten meinen teuren Wanderstiefeln den Rest gegeben. Sie waren an den Seiten aufgerissen und die Sohle löste sich ab. Wasser drang ein. Zu viel Wasser.
Ohne Schuhe läuft hier gar nichts!
Abstieg und das Versprechen wiederzukommen
Ich hatte keine Chance die Schuhe trocken zu bekommen und selbst mit meterweise Klebeband waren die Schuhe nicht mehr zu retten. Das Aus am Kasbek.
Vor ein paar Jahren wäre ich auch mit zerstörten Schuhen über 5.000 Meter aufgestiegen, ungeachtet der Gefahren von Erfrierungen bei Temperaturen im zweistelligen Minusbereich. Doch irgendwie war ich nicht einmal sehr enttäuscht. Ich wusste, ich hätte den Kasbek am Folgetag besteigen können. Doch es hätte für mich nichts geändert. Die tollen Erfahrungen am Berg reichten mir aus und der Gipfel war nur ein weiterer Gipfel. Einer von vielen, die ich bereits bestiegen bin.
Auf meiner nächsten Tour im Kaukasus werde ich zurückkommen. Das steht für mich fest. Dann besteige ich den Elbrus (5642 m) und den Kasbek von der russischen Seite aus. Aber nicht wegen der Gipfel (meist steht man eh nur in einer Wolkenpampe), vielmehr wegen der Berge an sich.
Während meine ukrainischen Freunde (nachdem der Starkregen aufhörte) gegen 3 Uhr in der Dunkelheit aufbrachen, fror ich die letzte Nacht in meinem Zelt.
Ich packte gemütlich meine Ausrüstung zusammen, hinterließ den Jungs meinen restlichen Proviant und stieg ab. Dieses Mal nahm ich den Weg über die Gletscherzunge, bis zu den tosenden Wasserfällen. Eine verdammt rutschige Angelegenheit über Eis. Teilweise sogar steigeisentauglich…
Green Hill Camp, Pass, Gergeti Trinity Church und Stepantsminda. 2.200 Meter in 5 Stunden. Der Rest ist Geschichte.
Kasbek (Mount Kazbek): Das Fazit einer abenteuerlichen Reise in Georgiens Norden
Der Kasbek (Mount Kazbek) ist einer der beeindruckendsten Berge, die ich je bestiegen habe. Er vereint Natur und bergsteigerisches Können. Für sehr erfahrende Bergsteiger ist eine Solotour zum Gipfel des Kasbek im Kaukasus sicherlich möglich, wenn auch unter einigen Risiken. Für den Normalo, empfiehlt sich eine geführte Tour mit Guide, mindestens aber eine erfahrende Seilschaft.
Bis zum Camp 2 (Metrologische Station), kannst du allein aufsteigen. Häng dich an eine andere Gruppe oder besser noch, an die Hufe eines Pferdes. Gerade die Gletscherzunge, wie du bei mir gelesen hast, hat es bei miesem Wetter in sich.
Wie auch immer du dich entscheidest, um eine entsprechende, wintertaugliche Berg-Ausrüstung, kommst du nicht umher.
Literaturtipps Georgien:
- Reiseführer Georgien (Trescher)
- Landkarte Georgien
- Georgia, Armenia, Azerbaijan (englische Sprache)
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