Unterwegs auf dem MARDI HIMAL Trek in Nepal: Ein spannender Reisebericht und tolle Fotos von unserer Gastautorin Bella.
Der Mardi Himal Trek (07.02.-12.02.2018)
Ich bin keine erfahrene Trekkerin (und auch sonst gänzlich untrainiert). Nach Nepal bin ich nur gekommen, weil es auf meinem Weg um die Welt liegt und geplant hatte ich nichts. An meinem ersten Abend im Land, wurde mir von einem Schweizer am Lagerfeuer im Chitwan National Park der Mardi Himal Trek empfohlen. Er erfüllt alle meine Bedürfnisse. Er geht bis auf 4.500 m hoch, ist noch nicht überlaufen, eher waldig als steinig und ohne Guide problemlos zu bewältigen. Das war das Wichtigste. Ich wollte alleine sein. Das ist man so selten in Städten und ich wollte niemanden haben, der Vögel oder andere zufällige Besucher auf meinem Weg verscheucht. Google führte mich zu Stefans Blog und da ich ihn im Iran kennengelernt habe, wusste ich, dass seine Infos Gold wert waren.
Der Mardi Himal: Der Berg ruft!
Am morgen meiner Abreise aus Pokhara stellt sich heraus, dass meine Wäsche vom Vortag nicht aufgehängt wurde, sodass ich ohne Unterwäsche auf den Berg hätte gehen müssen. Also verschiebe ich meinen Trekanfang auf den Nachmittag. Mit nur der Hälfte meines normalen Gepäcks auf dem Rücken hechte ich die Treppen in Phedi hoch. Was am Anfang noch fesch und forsch wirkt, wandelt sich schnell in ein rotgesichtiges und schnaufendes Wesen. Das wenige Gepäck ist nur ein Trostpflaster, verglichen mit den Schwierigkeiten, die mir die Höhenmeter bereiten. In kürzester Zeit ist meine erste Literflasche Wasser leer und meine Knie zittern erschöpft in ihren Gelenken. Bald mache ich die ersten Pausen, zunächst kurze, dann immer längere. Andere Wanderer kommen mir entgegen, warnen mich davor, nicht zu schnell zu sein, wegen der Meute Deutscher und ich versichere schwach, dass das nicht zu befürchten ist. Man erzählt mir von den schönen Blicken und den tollen Bergen die mich erwarten und spricht mir Mut zu. Tief in mir habe ich verstanden, dass ich einen Berg erklimme. Das klingt banal, aber mir war nicht so ganz klar, dass ich die meiste Zeit bergauf gehen würde. Nach über 3.000 Treppenstufen erreiche ich Damphus, einen kleinen Ort auf 1.500 Metern. Da es ein unteres und ein oberes Damphus gibt, laufe ich bis zur Mitte und bleibe dort. Ich schlafe in einer kargen und kalten Kammer, kriege Abendbrot und Frühstück aber zahle deutlich mehr als in den kommenden Nächten. Wie immer lerne ich ganz neu, wo das Geld fließt.
Tag 2 am Mardi Himal
Am nächsten Morgen weckt mich die Kälte und so mache ich mich rasch auf den Weg. Es geht weiter bergauf. Ein unregelmäßig gepflasterter Weg führt immer tiefer in das grüne Paradies. Bald wird der Weg schmaler, bis ich mich alleine im Schatten von tausend stark bewachsenen Bäumen befinde. Zwei Tage lang schweife ich durch das paradiesische, farnige Unterholz. Und dann komme ich an, auf dem Kamm des immer weiter in die Höhe führenden Berges. Hier fällt er dreihundert Meter in die Tiefe, bis er sich in Rutschform die restlichen Tausend Meter ins Tal wellt. Hier war mal mehr Berg, aber der ist wohl hinunter gerutscht. Eine ständige Erinnerung daran, dass die Natur nicht milde und sanft ist, sondern abrupt und grausam. Wenn etwas passiert, wird es hier oben schnell ernst.
Als ich aus dem Wald heraustrete, öffnet sich der Blick auf die umgebenden Berge. Es ist ein majestätischer Moment. Obwohl es noch relativ früh ist, beschließe ich hier an der neuesten Hütte zu bleiben. Die sorgfältig geschnitzten Balken und das frech grüne Wellblechdach sind mir sympathisch. Mir bietet sich ein 360 Grad Blick über die in den vergangenen Tagen zurückgelegte Route. Hier ist es so schön, dass mir schwant, es kann kaum schöner werden. Es bleibt mir ein Tagesmarsch bis ich ganz oben bin. Mich treibt nichts zur Eile. Also lasse ich mir Zeit. Ich gehe früh schlafen und stehe spät auf.
Tag 3: Brummender Kopfschmerz
Als ich nach dem Frühstück endlich weiterziehe, verlässt mich schon nach zwei Stunden der Wille. Ich habe einen dezent brummenden Kopfschmerz, der höchst wahrscheinlich auf die Höhenmeter zurück zu führen ist und könnte einen Ruhetag mit einem Buch im Bett gut gebrauchen. Aber da ich kein Buch mitgebracht habe, sondern nur Hörbücher, mein Abspielgerät jedoch keine Batterie mehr hat, steht mir diese Alternative nicht zur Verfügung. Als ich um 10 Uhr im Highcamp ankomme, beschließe ich erstmal eine Pause zu machen, zu essen und in Erfahrung zu bringen, was mich da oben erwarten wird. Als ich den Gemeinschaftsraum betrete, sitzen dort bereits einige Wanderer und wir beginnen bald ein entspanntes Gespräch. Sie werden heute noch hinauf kraxeln, aber sagen, dass es ein acht Stunden Tag sei, hinauf und hinunter zu kommen. Ich spüre die Erschöpfung in meinen Knochen und merke wie sich der Unmut in mir regt. Ganz oder gar nicht, heißt es hier. Ich entscheide mich zu bleiben wo ich bin. Die Berghütten sind kein Ort zum verweilen. Hier oben muss man sich ständig bewegen, was meine Erholungsstrategie aus den Angeln hebt.
Tag 4: Der Gipfel lockt
Als ich mich um 4.30 aus meinem Schlafsaal pelle höre ich keine Geräusche. Der Sternenhimmel ist klar, der Mond leuchtet hell, aber ich bin die Einzige die bereit steht. Die Anderen schlafen noch. Ich habe die Befürchtung, dass ich, wenn ich mich nochmal hinlege, auch heute nicht den Berg hinauf kraxeln werde. Schließlich weiß ich ja jetzt, dass es verdammt anstrengend wird und so richtig fit fühle ich mich nicht. Ohne Frühstück und mit einer Flasche Wasser im Gepäck suche ich mir meinen Weg mit der Kopflampe. Es ist schwierig, den Anfang zu finden, da der Weg erst wenn es steil wird eindeutig markiert ist. Hier unten auf den Wiesen gibt es nur ein paar ausgetretene Wege, die entweder zum Pfad, oder ins Nichts führen.
Was ich nicht weiß, und erst später realisieren werde ist, dass rechts und links von dem schmalen Pfad der Berg bis ins Tal hinabfällt. Im Dunkeln bleibt mir das verborgen, da mein Licht nur meine Füße beleuchtet und sicherstellt, dass ich nicht neben den Pfad trete. Ich habe ein mulmiges Gefühl, führe das jedoch auf die frühe Stunde und die Dunkelheit zurück. Bald klettere ich mehr, als dass ich gehe. Hier sind die Treppenstufen unregelmäßig. Sie sind ineinander verkeilt und somit relativ stabil, aber das ein oder andere Wackeln macht mich doch nervös. Ich konzentriere mich ausschließlich auf das was vor mir liegt. Somit schaffe ich es wohlbehalten oben anzukommen. In dieser Situation stellt sich die Dunkelheit als mein Freund heraus. Hätte ich gesehen, wo ich hoch geklettert bin, wäre ich weit weniger gelassen gewesen. Ich bahne meinen Weg weiter über das nun flach erscheinende Wegstück, bis ich die nächste Kletterpartie erreiche. Auf halber Strecke geht die Sonne auf. Ich ziehe die Kamera heraus, esse meine mitgebrachten, nach Eiern stinkenden, gesalzenen Erdnüsse und genieße den Moment. Von weitem sehe ich die andere sich den Weg bahnen. Hier oben ist jede Bewegung schwer. Ich laufe unerklärlich langsam und muss bei leichtem Anstieg so häufig Pause machen wie unten in Phedi, auf den Treppen. Obwohl ich die Erste bin, die losgezogen ist, haben mich bereits drei Pärchen überholt. Mir macht das wenig aus. Sie sind meistens so schnell, dass ich sie nur kurzzeitig sehe. Dann verschwinden sie hinterm nächsten Hügel.
Tödliche Realität
Beim Upper View Point, dem letzten Aussichtspunkt vor dem Mardi Himal Base Camp, treffe ich zwei Deutsche aus Berlin und Mainz, die mir von dem jungen nepalesischen Mädchen erzählen, das gestern Abend zum ersten Aussichtspunkt hinterm High Camp gegangen war, um mit ihren Kommilitoninnen beim Sonnenuntergang auf ihren Abschluss anzustoßen. Die Mädels sind, nachdem sie zusammen nepalesischen Whiskey getrunken haben, getrennt hinunter gestiegen und eine von ihnen ist von den anderen unbemerkt den Berg hinuntergefallen. Die Helikopter, die den Morgen über versuchten auf unserem Trail zu landen und einer nach dem anderen scheiterten, waren hier um ihre Leiche zu bergen, an der ich in den frühen Morgenstunden in der Dunkelheit vorbei gegangen war. Erst auf dem Rückweg, als ich den Wegabschnitt bei Tageslicht sehe, wird mir klar wie gefährlich das war. Es geht steil bergab, mehrere tausend Meter bis ins Tal. Der Berg ist zerklüftet und die Steinkanten ragen gefährlich in die Luft.
Auf 4.000 Metern eröffnet sich mir der Blick ins Tal, welches zum Anapurna Base Camp führt. Ich sehe wie sich Wolken nähern. Lange wird es hier oben nicht schön bleiben. Das Mardi Himal Base Camp auf 4.500 Metern erreiche ich gleichzeitig mit einem 78jährigen Italiener, der erst um acht Uhr losgelaufen ist und an der Hütte gestartet war, an der ich zwei Nächte zuvor geschlafen hatte. Und obwohl ich mich nicht lange am Base Camp aufhalte und mich als erstes auf den Rückweg begebe, überholt er mich bald.
Bergab geht es deutlich schneller als bergauf, aber die steilen Wegstücke sind gruselig. Ich erreiche den letzten Abschnitt genau dann, als der kleinste Helikopter, den ich jemals gesehen habe, landet und den Leichnam abtransportiert. Als ich endlich zurück in der Hütte ankomme, zittern meine Knie und ich muss erstmal etwas essen. Ich verbringe eine weitere Nacht dort und laufe am nächsten Morgen nach Sidhing, um dort einen Bus oder einen Jeep zu nehmen, der mich zurück nach Pokhara bringt, ins warme und sichere Tal.
Unsere Gastautorin Bella
Herzlichen Dank an unsere Gastautorin Bella für ihren interessanten Erlebnisbericht über den Mardi Himal Trek in Nepal.
Wer mehr von Bella lesen möchte, wird auf ihrem Blog Woman in the World fündig.
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Literaturtipps Nepal
Mein Buch über die Everest Region…
- (Mein Buch) Trekking Everest
- (Mein Buch) Trekking Annapurna Circuit
- Nepal: Mit Kathmandu, Annapurna, Mount Everest und den schönsten Trekkingtouren
- Nepal: Mount Everest Trek
- Mount Everest Trekkingkarte 1:25000
- Around Annapurna Wanderkarte
- Everest, Gokyo und 3 Passes Trek Wanderkarte
- Upper Mustang Wanderkarte
- Annapurna Treks
- Handbuch der Trekking- und Expeditionsmedizin