Bergschuh La Sportiva Karakorum HC GTX im Test (Erfahrungsbericht)
Du bist auf der Suche nach einem passenden Bergschuh/ Bergstiefel fürs Hochgebirge? Dann interessiert dich vielleicht dieser Bericht über den La Sportiva Karakorum HC GTX, den Bergschuh, dem ich auf meiner letzten Tour im Himalaya das Vertrauen geschenkt habe. Ob der Karakorum HC GTX den Anforderungen auf Schnee, Eis und Geröll gewachsen war, liest du in meinem ausführlichen Bericht.
weitere Ausrüstung aus der diesjährigen Himalaya-Testreihe:
Bergschuh La Sportiva Karakorum HC GTX (Herstellerdetails)
Wenn du meine Testberichte kennst, weißt du, dass wir uns immer zuerst die offiziellen Herstellerdetails anschauen, bevor ich den Karakorum HC GTX auf Herz und Nieren abklopfe. Erfahrungsgemäß ist die richtige Wahl des Schuhes eine zeitraubende und oft nervige Angelegenheit. Nicht selten probiert man dutzende Bergschuhe an, scrollt sich durch Produktbeschreibungen und (wenn überhaupt vorhanden) Reviews, bloß um am Ende noch mehr verwirrt zu sein als zuvor. Leider sind die Produktbeschreibungen der Hersteller nicht vielsagend und erst der unabhängige Praxistest bringt die Stärken und Schwächen eines Bergschuhes ans Tageslicht. Doch dazu später mehr. Jetzt zu den „offiziellen“ Produktdetails des Herstellers.
- für Männer geeignet
- Konstruktion: Bergschuh
- Einsatzbereich: Bergwandern; Hochtouren; Trekking
- Sohlenaufbau: Laufsohle: Vibram (mit Impakt Brake System Trek); TPU-Zwischensohle; Brandsohle: Nylon 8 mm mit Anti-Torsions-Platte
- Außenmaterial: Idro-Perwanger-Leder 2,8 mm Dicke
- Innenmaterial: Gore-Tex-Performance-Comfort
- Spezifikationen: bedingt steigeisenfest; Schaft mit 3D-Flex System
Pro & Kontra La Sportiva Karakorum HC GTX (Erfahrungsbericht)
Sehr wahrscheinlich bist du nach dem Lesen der Herstellerdetails nicht wirklich schlauer. Die wenigsten von uns können etwas mit kryptischen Begriffen wie „3D-Flex-System“ oder „Impakt Brake System Trek“ anfangen. Zumindest geht es mir so. Für mich entscheidet nur die Praxis, entscheidet nur die Performance des Schuhes am Fuß und am Berg. Also ab ans Eingemachte!
Das Einsatzgebiet
Für mich ist der Karakorum HC GTX ein reiner Bergschuh, der sich nur in kälteren Regionen und bei ordentlich Höhenmetern unter der Sohle wohlfühlt.
Bei mir war der bedingt steigeisenfeste Karakorum HC GTX hauptsächlich im Himalaya, präziser auf dem Three-Passes-Trek und dem Mount Everest Base Camp Trek im Einsatz. Das sind reine Hochgebirgstouren mit Temperaturen von +10 bis -15 °C. Allein dafür hätte ich den Karakorum HC GTX aber nicht gekauft. Insbesondere die „Standardroute“ zum Everest Basislager erfordert keinen derart festen, bedingt steigeisenfesten Bergschuh. Da ich aber zusätzlich den Island Peak (6.189m) besteigen wollte und über vereiste, steile Hochgebirgspässe (z.B. Cho La Pass, 5.420m) gestiegen bin, entschied ich mich für den Karakorum. Auf Normalrouten und in tieferen, meist wärmeren Lagen im Himalaya (>3.500m) würde ich einen leichteren und atmungsaktiveren Bergschuh auswählen. Gleiches gilt natürlich auch für Touren in den Alpen zur warmen Jahreszeit.
Die Schnürung (der Verschluss)
Anfangs bin ich mit der Schnürung überhaupt nicht klar gekommen. La Sportiva hat am Karakorum HC GTX eine 3-Zonen-Schnürung. Gerade die beiden „Klemm-Ösen“ am Ende der ersten Zone (Mittelfuß) waren ungewohnt. Mit der Zeit habe ich aber gelernt diese Klemm-Ösen zu lieben. Sie lassen sich zwar schwer wieder lösen (Vorteil dabei: lösen sich nicht unbeabsichtigt) aber dadurch ist die erste Schnürzone sehr genau justierbar.
Die Schnürung geht über insgesamt 11 Felder bis ans obere Ende des hohen Schaftes. Da der Mittelfuß immer fest verschnürt ist (Klemm-Ösen), kann man, je nach Gelände, die oberen zwei Schnürzonen anpassen. Zum Beispiel lockere ich gerne bei steilen Bergauf-Sektionen die obere Schnürzone um dem Unterschenkel mehr Bewegungsfreiheit zu geben.
Das Material der Schnürsenkel ist sehr „hart“. Es ist leicht sich beim Schnüren an den Fingern zu verletzen. Dem gegenüber steht der Vorteil, das das Material auch bei Feuchtigkeit nicht nachgegeben hat, soll heißen, die Dehnung ist gering.
Passform
Ich habe einen schmalen Spann, breiten Vorfuß und eine schmalere Ferse. Bei mir hat der La Sportiva Karakorum sehr gut gepasst. Lediglich am Fersenbereich hätte er noch etwas enger anliegen können. Dieses Problem ließ sich aber über einen kleinen Trick bei der Schnürung lösen. Dazu musst du die obere Schnürzone am Schaft einfach von oben schnüren (siehe Foto Schnürung). Dabei wird der Fuß noch stärker in der Fersenkappe des Bergschuhes fixiert.
Bei mir habe ich keinerlei Druckstellen oder Blasen feststellen können, auch nicht nach 4 Wochen im Himalaya und über anspruchsvolles Gelände. Ein Grund dafür sind sicherlich die exakte Schnürung, die ein Verrutschen des Fußes im Schuh verhindert und die breite, gepolsterte Zunge (Lasche).
Einlaufzeit? Kein Witz: Der Karakorum war bisher der einzige Schuh, den ich kaum Einlaufen musste. 10 Kilometer mit schwerem Rucksack im heimischen Wald reichten dafür aus (ohne Probleme) und ich traute dem Schuh und vor allem meinen Füßen die Tour im Himalaya darin zu.
Die Sohle
In der Produktbeschreibung hast du ja bereits gelesen, dass der La Sportiva Karakorum HC GTX eine Vibram-Laufsohle mit Impakt Brake System Trek, eine TPU-Zwischensohle sowie eine Brandsohle mit Anti-Torsions-Platte hat.
Für die Praxis bedeutet das, dass der Karakorum eine sehr gute Performance auf groben Geröll und abschüssigen Gelände hat. Selbst auf Schnee oder matschigen Sektionen in tieferen Lagen war der Gripp immer tadellos.
Durch die verwindungssteife Sohle war es auch nie ein Problem den Schuh mit der Außenkante auf Felsen oder Steinen aufzustellen, auch nicht mit dem Zusatzgewicht meines Baktoro 85 Trekkingrucksacks.
In einigen Reviews durfte ich lesen, dass der Karakorum unheimlich steif ist und es dadurch kein Abrollverhalten gibt. Das ist Blödsinn. Wer so etwas schreibt hatte definitiv noch keinen Bergschuh dieser Kategorie am Fuß. Ich persönlich empfand das Abrollverhalten als sehr gut für einen bedingt steigeisenfesten Bergschuh. Nach dem Einlaufen wurde der vordere Bereich weicher aber nicht zu weich. Problemlos konnte ich mit meinem schweren Rucksack in steilen Tritten über den Vorfußbereich aufsteigen. Gleiches galt für die Steigeisen (Petzl Vasak Leverlock universal), die, selbst bei Einsatz der Frontalzacken im Eis, festen Sitz an der Sohle hatten.
Apropos Steigeisen: Der La Sportiva Karakorum HC GTX ist bedingt steigeisenfest und besitz eine Verstärkung der Sohle im Fersenbereich. Es passen jedoch nicht alle Steigeisen. Im Fersenbereich befindet sich eine Lippe, um einen Kipphebel der Steigeisen (Kippverschluss) aufzunehmen. Der Vordere Bereich des Schuhes hat dies jedoch nicht. Dort benötigt man Steigeisen mit Korb (siehe Foto oben).
Haltbarkeit/ Robustheit/ wasserdicht?
Wasserdichtheit: Der Karakorum HC GTX besitzt eine Gore-Tex Membran und soll zu 100 Prozent wasserdicht sein. Oft lösen sich aber die Sohle von steifen Bergschuhen und nach einer schweren Tour ist der Schuh wasserdurchlässig wie ein Schweizer Käse (so geschehen bei meinem letzten Bergschuh). Um dies auszuschließen, bin ich nach meiner Tour für 2 Minuten ins Wasserbad gestiegen. Der La Sportiva war immer noch 100 Prozent dicht.
Die Sohle: Für meinen Geschmack zeigt die Vibram-Laufsohle nach nur 4 Wochen im Himalaya eine zu deutliche Abnutzung (siehe Fotos). Gerade im Vorfußbereich und an der Ferse hat der Schuh ordentlich Gummi gelassen. Selbst Sollen sind teilweise herausgebrochen. Klar, ich habe dem Karakorum einiges abverlangt aber bei der Haltwertzeit der Sohle müsste ich diese nach bereits einer Saison erneuern. Für diese hohen Anschaffungskosten sollte La Sportiva mehr Haltbarkeit bieten. Wahrscheinlich ist dies jedoch der Preis, den Man für den sehr guten Gripp der „weichen“ Vibram-Sohle zahlt.
Leder, Schnürsenkel etc.: Das Gummi-Steinschlagband, das sich um den gesamten Bergschuh zieht, schützt ihn zuverlässig. Das 2,8mm dicke Perwanger-Leder ist, bei richtiger Pflege, nicht kaputt zu bekommen und die Schnürsenkel sowie Ösen zeigen auch keine Verschleißerscheinungen.
Gewicht
Der La Sportiva Karakorum HC GTX ist kein Leichtgewicht. Das ist Fakt. Aber so schwer ist er auch nicht und ich nehme das Mehr an Gewicht gerne in Kauf, wenn ich dafür einen Vollleder-Bergschuh bekomme, der zudem noch steigeisenfest ist. Wenn du einen leichteren Schuh suchst, solltest du dich auf Bergschuhe konzentrieren, die größtenteils aus Synthetikmaterialien hergestellt sind.
Statt des Gewichtes auf der Wage, interessiert mich mehr das gefühlte Gewicht am Fuß. Überraschender Weise merkt man dem Karakorum beim Bergsteigen sein Gewicht nicht an und es überwiegt eindeutig das Gefühl einen robusten und zuverlässigen Schuh am Fuß zu tragen, als das Gefühl eines Klotzes am Bein. Und das sagt jemand, der eine 46 1/2 trägt!
Atmungsaktivität
Ein dicker Vollleder-Bergschuh mit GTX wird normalerweise nie so atmungsaktiv sein wie ein Synthetik-Bergschuh. Beim Karakorum ist das nicht anders. Er ist zwar nicht gefüttert aber für mich kein Schuh, der Temperaturen jenseits der +10 Grad mag. Richtig wohl fühlte sich der Schuh erst bei unter 10 Grad und dementsprechend ab einer Höhe über 3.500m (Höher als Namche Bazar 3.440m) im Himalaya.
Mit den richtigen Socken kombiniert, hat der Karakorum sogar ein ziemlich breites Temperaturspektrum bis weit in den Minusbereich zu bieten. Ich z.B. nutze in den tiefen Höhenlagen eine dünne Synthetik-Socke und je höher ich komme, entweder die Falke TK2 oder Falke TK4 Expeditionssocke.
Tipp: Solltest du auch auf dem Three Passes Trek oder Everest Base Camp Trek unterwegs sein und von Jiri oder Salleri starten, nimm zusätzlich einen dünneren und leichteren Bergschuh mit. Der Karakorum ist für die unteren Höhen völlig überdimensioniert.
Preis
Ein guter Bergschuh ist teuer. Für den La Sportiva Karakorum zahlst du zwischen 260 und 300 Euro (Stand: Juni 2018). Gemessen an der Performance und Qualität geht der Preis aber in Ordnung.
Design/ Optik
Wenn ich Geld ausgebe, möchte ich auch einen Schuh tragen, der nicht nur funktionell ist sondern auch optisch etwas hermacht. Mit seiner zeitlosen Lederoptik ist der Karakorum HC GXT ein echter Hingucker. Mir persönlich gefällt dieses Design unter allen La Sportiva Modellen am besten. Aber das natürlich individuelle Geschmackssache.
Mein Fazit über den La Sportiva Karakorum HC GTX
Wer einen Hochgebirgsschuh zum Trekking in mittelschwerem bis schwerem Gelände sucht, der hat mit dem La Sportiva Karakorum HC GXT einen zuverlässigen Begleiter gefunden, der einen auch nicht im Stich lässt, wenn Gletscherpassagen überwunden werden müssen und Steigeisen zum Einsatz kommen. Neben der sehr guten Verarbeitung zeichnen diesen Bergschuh vor allem die gute Passform und ein sehr guter Gripp der Sohle auf fast allen Untergründen aus.
Größtes Manko ist die schnelle Abnutzung der Vibram-Sohle und ein verhältnismäßig hohes Eigengewicht.
Alternativen zum Karakorum HC GTX
- Dachstein Mont Blanc GTX (Bergschuh; voll steigeisentauglich)
- Lowa Mountain Expert GTX Evo (Bergschuh; voll steigeisentauglich)
- Salomon X Alp GTX (leichter Bergschuh; nicht steigeisentauglich)
Wie sind deine Erfahrungen mit dem La Sportiva Karakorum HC GTX? Auf welchen Bergschuh schwörst du in den Bergen? Lass es uns wissen und schreib in die Kommentarbox.
Hi, danke für den interessanten Bericht. Hat mir sehr geholfen. Würdest du den Schuh auch bei Klettersteigen verwenden oder eher davon abraten, weil zu grob oder schwer.? Benutze aktuell den Mammut Kento High
Gruss
Antonio
Hi Antonio, ich nutze den Karakorum auch auf Klettersteigen. Gerade die sehr stabilen Kanten und die verwindungssteife Sohle geben dir optimalen Gripp. Schau mal in meinen Bericht über die Watzmann-Überbeschreitung, da hatte ich den La Sportiva dabei. Einzig für lange Gehstrecken (Wandern) in Steiggebiet würde ich einen leichteren Schuh (Kat. B) verwenden. Beste Grüße, Stefan.