Yamaha Tenere 700 Lenkkopflager wechseln & fetten
In vielen Foren wird immer irrsinnige Panik verbreitet, dass das Lenkkopflager der Tenere 700 wenig bis gar nicht vom Werk gefettet wurde. Von dieser Panik habe ich mich anstecken lassen, einen neuen Lagersatz samt Kegelrollenlagern, Dichtung und Lagerschalen bestellt und die Tenere auseinander gerissen. Wie das so für mich gelaufen ist und welche Erfahrungen ich dabei gesammelt habe, werde ich in diesem Beitrag mit dir teilen…
Hier bekommt jeder sein Fett weg! Das T700 Lenkkopflager
Kurz vorne weg: Ich bin nur ein Hobbyschrauber, der natürlich nicht das Wissen einer Fachwerkstatt hat, geschweige denn das Spezialwerkzeug. Dieser Beitrag zeigt dir auch, was weniger gut und schlecht bei mir gelaufen ist und soll dir dabei Helfen nicht die gleichen Fehler zu machen, die ich gemacht habe. Wenn hier Profischrauber, sogenannte Zweiradmechaniker mitlesen, seid gnädig zu mir. Satt mit Häme und Spot um euch zu werfen, wäre es für alle Mitleser hilfreich, wenn ihr mit euren Tipps unten die Kommentarbox füttert.
Also zurück zur Musik. Wenn du die Lenkkopflager neu fetten möchtest ist das mit relativ wenig aufwand möglich. Wenn du aber die Kegellager und Buchsen erneuerst, ist das ne echte Herausforderung, oder zumindest war es das für mich. Das lag hauptsächlich am Werkzeug und dem besch… Werkstattbuch der Tenere 700 (gibt’s übrigens digital auf deutsch und englisch in diversen Tenere 700 Gruppe als Bückware).
Fakt 1: Mein Lenkkopflager hatte mir bisher keine Probleme bereitet und ich habe es nur aus dem Bauchgefühl heraus gewechselt. Als ich dann einen neuen Lenkungsdämpfer von DakarParts samt Aufnahmen sowie einen neuen Lenker ohne Griffheizung verbauen wollte, hatte ich die Tenere 700 eh schon halb zerlegt und der neue Satz Kegellager war schnell bestellt.
Auf dem Bild oben siehst du daher mein Motorrad ohne Tank (Griffheizung zurück gebaut) und ohne Vorderrad, Gabeln und Gabelbrücke. Hätte ich lediglich den Lenkungsdämpfer verbaut, wäre die untere Gabelbrücke und das Vorderrad drinnen geblieben. Dann musst du aber das Vorderrad fixieren, damit die Gabelbrücke nicht rausrutscht und das Vorderrad dir davon läuft. In dem Fall nimmst du einfach einen Zurgurt und fixierts das Vorderrad z.B. am Sturzbügel oder den Fußrastenträgern.
Wie du auf dem Bild siehst, sah mein Lenkkopflager nach 37.000 km im Gelände und zu jeder Jahreszeit gar nicht so schlecht aus. Ich würde behaupten, das dort vom Werk in Frankreich ausreichend Fett reingepresst wurde.
Laut Yamaha Service-Plan soll alle 10.000 km oder einmal im Jahr das Lenkkopflager auf Spiel und Schäden kontrolliert werden. Alle 20.000 km soll das Lager auch neu gefettet werden. Ich will zwar keiner Werkstatt etwas unterstellen, aber den enormen Arbeitsaufwand betreibt keiner, sollte das Lager nicht defekt sein und offensichtlich ausgetauscht werden müssen. Auch solche steilen Thesen wie, das die Gabelbrücke und die Lenkkopfstange gelöst werden, alles angehoben wird und dann Fett eingespritzt wird, halte ich für unglaubwürdig. Was bleibt ist also das unerschütterliche Vertrauen in die Werkstatt oder das ungute Bauchgefühl.
Fakt 2: Mein Lager hätte nicht gewechselt werden müssen. Reinigen und neu fetten hätte sicherlich gereicht. Auch die Laufbuchsen waren noch nicht stark eingelaufen. Ich hab die Lager nur gewechselt, weil ich es mal gemacht haben wollte. Hätte ich vorher gewusst, was für ein Stress diese Aktion letztendlich bereitet, hätte ich es nicht angefasst.
Was das Werkstattbuch nicht sagt…
Laut Yamaha Tenere 700 Werkstattbuch benötigst du nur einen Meißel und Hammer, um das untere Kegelrollenlager zu entfernen. So ein Quatsch. Oder aber Yamaha hat dafür einen Fanboy-Spezialmeißel in Blau-Weiß 😉 Ein normaler Meißel ist nämlich nicht dick genug, um das Lager nach oben von der Lenkkopfstange auszutreiben. Um das machen zu können, braucht man einen Spezialabzieher, den ich leider nicht hatte. Dazu kommt noch, das das Lager wirklich sehr stramm auf dem unteren Drittel der Lenkkopfstange sitzt.
Am Tatort des Grauens… Die Gabelbrücke besteht aus weichem Aluminium und der Meißel hat ordentlich Schaden angerichtet. Damit dir das nicht widerfährt, solltest du dir den Krallen-Abzieher besorgen. Welcher genau das ist? Keine Ahnung aber er sollte lange Arme haben, da die Lenkkopfstange auch lang ist.
- Dank des Tipps von Andreas aus der Burning-Feet Facebookgruppe habe ich nachträglich dieses Werkzeug gefunden: *Motion Pro Lenkkopflager Abzieher
- Wenn es etwas günstiger sein soll, sollte es auch dieses *Spezialwerkzeug zum Entfernen von Kegelrollenlagern tun.
PS: Mit dem unteren Kegelrollenlager muss auch immer die Staubschutzmanchette (Dirchtring) erneuert werden. Diese ist aber im Set von Off-The-Road enthalten gewesen.
PS: Die Lagerlaufringe mit einer langen Stange und Hammer auszubauen, ist auch nicht ganz so easy, wie auf der Skizze links angedeutet.
Was muss, das muss!
Das Kegelrollenlager hat eine Besonderheit. Der äußere Ring ist höher als der innere. Dadurch kannst du nicht einfach ein großes Rohr und eine breite Scheibe mit mit entsprechenden Innendurchmesser nehmen. Das Rohr was du zum Reintreiben des unteren Lenkkopfkegelrollenlagers benötigst, muss also einen ganz bestimmten Innendurchmesser haben und nur eine dünne Wandstärke haben. Wahrscheinlich gibt es dafür auch ein Spezialwerkzeug (ähnlich einer Nuss oder eines Simmeringtreibers) aber den hatte ich nicht. Nach dutzenden Rohren und der Mithilfe des Nachbarn habe ich den entsprechenden Innendurchmesser gefunden. Da die Wandstärke aber zu dick war, musste ich mit der Flex auf einer Höhe von ca. 5 mm Material abtragen. Fertig war das Spezialwerkzeug.
Übrigens, um den unteren Lagerlaufring einzubauen, braucht es auch ein spezielles Werkzeug, das wahrscheinlich nicht in jeder Werkzeugkiste rumliegt. Der Lagerlaufring/ Lagerschale muss von unten eingetrieben werden. Das Ganze so weit, dass der Lagerlaufring im Lenkkopfrohr verschwindet. Demnach ist auch hier der Außendurchmesser entscheidend. Leider habe ich von diesen Arbeitsschritten keine Fotos gemacht und auch keine Aufnahmen vom Werkzeug. Sorriiii.
- *Motion Pro Werkzeug aus Aluminium, um den Lagerlaufring/ Lagerschale einzutreiben
- Zum Fetten nutze ich dieses *High Temperature Grease LC-2 Mehrzweckfett
Es wächst zusammen, was zusammen gehört
So, die Lager sind montiert und Lagerlaufringe sind montiert. Jetzt muss der ganze Haufen Tenere-Teile wieder zusammengeschustert werden. Ich werde hier nicht jeden einzelnen Schritt erklären. Das traue ich dir zu, wenn du es schon geschafft hast, das Moped zu zerlegen. Auf einige Besonderheiten möchte ich dennoch eingehen.
Wo gefettet wird und wo welches Teil hingehört siechst du auf der Skizze 2. Dort stehen auch die Drehmomente für die untere Ringmutter. Hier verreißen viele die Montage und machen einen elementaren Fehler. Was dort als 1st 75N-m und 2nd 7 N-m eingezeichnet ist, bedeutet nicht, dass die untere Ringmutter 75 N-m bekommt und die obere 7 N-m. Oder noch viel schlimmer, das du die Ringmutter einfach mit einem Dorn oder Schraubendreher festschlägst, bis sich nichts mehr rührt.
Um die Kegellager in ihre endgültige Position zu drücken, wird die untere Ringmutter mit 75 N-m angezogen. Dafür gibt es ein Spezialwerkzeug von Yamaha, das 60€ kostet. Ich habe dafür einen DDR Hakenschlüssel (40-42mm) genommen und hinten ein Loch reingemacht, in das die kurze Verlängerung des Drehmomentschlüssels passt. Jetzt kannst du die 75 N-m anziehen. Aber Achtung: Der Drehmomentschlüssel muss im 90° Winkel zum Hakenschlüssel stehen, da sonst das Drehmoment abweicht (das ist Physik, also fragt nicht nach Details).
Nachdem du 75 N-m angezogen hast, kannst du die untere Ringmutter wieder lösen und dann mit 7 N-m anziehen. Die zweite Ringmutter drehst du einfach so an die erste, dass die Sicherungsscheibe über beide passt.
Jetzt kannst du die obere Gabelbrücke wieder aufsetzen und die Lenkkopfmutter PROVISORISCH festziehen. Erst wenn die Telegabeln und das Rad wieder eingesetzt sind, kannst du die Lenkkopfmutter mit 148 N-m final anziehen.
Und was sagst du, lohnt sich der Aufwand? Hast du Tipps zum Werkzeug? Gibt’s von dir Tipps, um sich das Leben mit den Lenkkopflagern leichter zu machen? Schreib es einfach in die Kommentarbox.
Trackbacks & Pingbacks
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[…] Im Gegensatz zu anderen Kits (z.B. Off-The-Road) wird der Gegenhalter nicht direkt unter dem Dämpfer verbaut, sondern am Rahmen unter den Tank befestigt. Das hat den Vorteil, das du die Lenkkopfmuttern nicht Lösen musst, für die du wiederum ein Spezialtool von Yamaha benötigst (siehe auch meinen Beitrag über den Lenkkopflagerwechsel). […]
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[…] Mein Lenkkopflager samt Schalen und Dichtring habe ich nach 37.000 km gewechselt. Wie du das Lenkkopflager der Tenere 700 kontrollierst, fettest oder wechselst, findest du unter meinem Beitrag Lenkkopflager Tenere 700 […]
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Servus,
ein Bauerntrick um die Lenkkopflagerschale von der Gabelbrücke zu lösen: Setze mit einem Schweißgerät vorsichtig einen Heftpunkt auf die Lagerschale drauf, somit erwärmt sich die Lagerschale, dehnt sich aus und fällt fast von allein runter. Aber bitte auf die Masseführung aufpassen (Massezange um die Lagerschale klemmen!), sonst kann es sein dass du die Lagerschale mit der Gabelbrücke verschweißt
Hi Alois, das ist ja mal ein spannender Trick. Danke dafür. Gruß, Stefan.
Hi,
die untere Gabelbrücke hast du leider echt vergewaltigt. Einige Anregungen helfen dir mit dem Video hier vielleicht weiter:
https://www.youtube.com/watch?v=4NhXrASirig
Ist zwar eine Tracer 700/MT-07 ist aber das gleiche Prinzip wie bei der Tenere 700.