Sonntag, 18. August 2019 (Nordkap/ Knivskjellodden)
Was für ein brachialer Wind auf Magerøya. Er tritt mir in den Rücken, wirbelt mich böig das ein ums andere Mal zur Seite und lässt die rote Kapuze meiner Wanderjacke horizontal in der Luft stehen.
Die ganze Anfahrt nervte er mich schon, machte mir das Leben auf meiner alten Honda Africa Twin schwer und zeigte mir auf, dass der nördlichste Punkt des Europäischen Festlandes nichts ist, das du für ein popliges Rubbellos auf der Kirmes bekommst.
Mir macht selten etwas Angst aber diese letzten 40 Kilometer Asphalt ließen mein Herz in die Motorradstiefel rutschen. Karge Landschaften, bedeckt von einer dünnen Grasschicht; tiefe Täler, die die Luft wie in ein Vakuum aufsaugen und alles was sich auf der ungeschützten Straße befindet, versucht mitzureißen. Natur pur, die mich zwang das ganze Gewicht meiner über 350 Kilo schweren Maschine voll gegen den Seitenwind zu legen. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Zusammengekauert hinter dem Windschild konnte ich spüren, wie der grobstollige Gummi der Enduroreifen langsam auf dem Asphalt seitlich rutschte. Wollte ich eine Rechtskurve fahren, musste ich nach links in den Wind lenken, um nicht vor schon vor der Kurve von der Straße gedrückt zu werden. Was für eine Szenerie an diesem frühen Sonntagmorgen. Was für ein „Spaß“.
Hier am nördlichsten Ende Norwegens spielt die Natur Roulette. In der letzten Nacht stürmten fette Gewitterwolken über mein kleines Einmannzelt*, die Temperaturen lagen knapp über dem Gefrierpunkt und jetzt dieser brachiale Wind. Ein Wetter, das sich hier stündlich ändern kann. Von sonnig und windstill bis zu orkanartigen Ausmaßen, die dich als Mensch kleinlaut in deine Schranken weisen. Ich mag das. Das Gefühl, wenn du nichts geschenkt bekommst. Wenn du beißen musst, um dein Ziel zu erreichen. Weiterlesen